Keine Angst vor Google

Axel Springer Boss Mathias Döpfner hat in diesen Tagen in der FAZ einen beeindruckenden offenen Brief an Eric Schmidt, ersten Repräsentant von Google, geschrieben.

Mathias Döpfner
Mathias Döpfner

Offen spricht Döpfner von der Abhängigkeit seines Unternehmens von Google und der Angst vor Google. Am Ende appelliert Döpfner an die Politik, einem Machtmonopol von Google entgegen zu wirken und an Google, verantwortlich mit seiner Macht umzugehen. Die Argumente dazu sind bekannt. Neu ist nur das explizite Eingeständnis von Furcht und Abhängigkeit durch den Verlagschef.

 

Ich habe Google über mehr als ein Jahrzehnt aus der Sicht eines Portalbetreibers erlebt. Wir bauten CHIP Online zu einem führenden Inhalte-Portal auf und hatten permanent Kontakt mit Google. Es gab unzählige Berührungspunkte über alle Disziplinen hinweg, von der Produktarbeit über Traffic-Steuerung bis zu den Erlösmodellen. Angst vor Google hatte ich dabei nie. Natürlich kam ein großer Teil des Traffics über Google. Wir freuten uns darüber und konnten diese Besucher trefflich monetarisieren. Fühlten wir eine Abhängigkeit von Google? Nicht mehr als der Bahnhofsbuchhandel vom Zugfahrplan. Ein guter Anteil unserer Erlöse kam aus Google-Quellen. Aber stets in einem gesunden Verhältnis zu anderen Erlösformen wie der klassischen Display-Werbung oder Commerce-Modellen.

 

Ja, wir haben auch Einbrüche im Traffic erlebt, weil der Google-Algorithmus CHIP Online fallen ließ. Aber Hand aufs Herz: Die Ursachen dafür lagen nachvollziehbar bei uns. Ohnmacht fühlten wir nicht gegenüber Google. Es war ein starker Partner, genauso wie Amazon oder unser Werbevermarkter. Wir fühlten uns relativ sicher, weil die Kernstärke eines Portals wie CHIP Online originäre Inhalte sind. Guter Content macht ein Angebot - relativ - unverletzbar.

 

Wenn ich als Unternehmer keine Angst vor Google habe, sollte ich dann als Bürger Sorgen haben? Führen die vielfältigen Aktivitäten von Google zu einer Zusammenballung von Macht und Wissen, die schädlich für die Gesellschaft ist? Ich weiß es nicht. Aber: Die Aktivitäten von Google sind Aktivitäten eines von Innovationsfreude und Fortschrittsdenken getriebenen Unternehmens. Dieser Antrieb ist zunächst nicht schlecht und für mich nachvollziehbar.

 

Unbestritten ist, dass die Politik ihrer Verantwortung gerecht werden muss, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das ist die Kerbe, in die Mathias Döpfner schlägt. Das Rad der Online-Geschichte lässt sich aber nicht zurückdrehen. Angst vor Google ist nicht angebracht. Und wenn, dann sollte die Angst vor Google nicht größer sein als die Angst von Google selbst vor der nächsten Garagenfirma, die technologisch weiter springt und Google vom Thron stößt. Bis dahin sollte man mit Google leben und nicht gegen Google.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0